Begriffe
Du kannst die 3 genannten Virtual-Pinball Programme kostenfrei ausprobieren und mit einem ganz
normalen PC + Monitor oder Fernseher im Querformat spielen. Diese 1-Monitor-Lösung wird als
„Desktop“ bezeichnet.
Wenn es aber realistischer sein soll bietet es sich an, diese Programme mit 2 oder 3 Monitoren zu
spielen, die in einem Gehäuse („Cabinet“) verbaut sind, welches einem „echten“ Flipper-Automaten
ähnelt. So ein Gehäuse wird „Virtual-Pinball-Cabinet“ genannt oder kurz „VPin“.
Wenn bei einem VPin auf Beine verzichtet wird nennt man das „Tabletop“ oder „Bartop“

Abmessungen
Bezüglich der Abmessungen (und damit der technischen Bestückung) kann bei VPins zwischen Mini, Midi und Full-Size unterschieden werden. Bei Midi-VPins kann die DMD-Anzeige auch auf dem Backglass-Monitor erfolgen, so dass man mit 2 Monitoren auskommt.
Mini | Midi | Full-Size | |
Außenmaße (ca.) | B 30, T 55, H 30 (Tabletop) | B 45, T 100, H 150 | siehe unten |
Playfield-Monitor | 22“ 16:9 | 32“ 16:9 | 39“ oder 40“ 16:9 |
Backglass bei 2-Monitor-System | 17“ 4:3 | 21“ 4:3 | Sinnlos |
Backglass bei 3-Monitor-System | Sinnlos | 22“ 16:10 | 32“ 16:9 |
DMD-Monitor | Sinnlos | 10“ z. B. 16:9 | 17“ z.B. 16:9 |
Tabelle: VPin-Maße und Monitorgrößen (Vorschläge)

Wichtig: Die Höhe der Handauflage sollte über 90 cm und unter 100 cm betragen.
Um an einen VPin zu kommen musst Du eine Entscheidung darüber treffen,
- ob Du einen fertigen VPin kaufst,
- einen „echten“ Flipper zu einem VPin umbaust oder
- ein Flipper-Gehäuse nach Deinen Vorstellungen konstruierst und baust.
Kauf eines VPins
Fertige VPins kannst Du neu oder gebraucht erwerben. Grob lassen sich Mini-, Midi- und Full Size-VPins unterscheiden (siehe Kap. 2.2). Mini-Flipper werden meist als „Tabletop“ angeboten.
Kauf eines neuen VPins
Vor dem Neukauf eines VPins solltest Du präzise Erwartungen haben bzgl.:
- Größe und Qualität des Gehäuses (Mini, Midi oder Full-Size)
- Höhe der Handauflage
- Betriebssystem (Windows, Linux oder Android)
- Installierte oder verwendbare Software
- Qualität der Monitore
- Qualität des Computers
- Vorhandenes Force-Feedback
- Gimmicks
Grundsätzlich gibt es beim Kauf neuer VPins ein Problem mit den Pinball-Programmen:
- Weil sowohl VPX 8, als auch Future-Pinball nicht-kommerziell sind ist es an sich nicht möglich diese Programme mit den entsprechenden Tischen „ready to play“ vorzuinstallieren. Wenn das dennoch der Fall ist werden VPX 8 oder Future Pinball wahrscheinlich nicht installiert sein. Falls doch steht die Seriosität des Anbieters in Frage.
- Weil Pinball FX und vergleichbare Programme kommerziell sind ist abzuklären, ob und inwiefern vorinstallierte Tische im Preis mit drin sind.
- Drei Angebots-Beispiele:
Sharpin Pinball
Sharpin ist eine östereichische Firma, die VPins von ca. 500 bis 4000 € als Tabletop und Full-Size anbietet. Die Tabletops laufen mit Android und z. B. Pinball FX3, die Full-Size-Varianten mit Windows und VPX 8 oder FP. Was man bei Sharpin kauft muss zu Hause zusammengebaut werden, was aber keine sonderlichen Anforderungen stellt. Betriebssystem und Flipper-Software (incl. Tische) sind vorinstalliert. Zu allen Sharpin-Produkten gibt es genügend Erfahrungsberichte und YouTube-Clips. Im Allgemeinen scheinen die User einigermaßen zufrieden zu sein aber auch beim Spitzenmodell „King 4K“ gibt es trotz des Preises von 4000 € keinen Plunger, kein echtes Nudging, kein gutes Force-Feedback und keine vernünftige Lockbar. Es ist auch kaum möglich an die genauen Spezifikationen zu gelangen. Sharpin wird als seriös eingestuft aber das Preis-Leistungs-Verhältnis ist m. E. nicht grade berauschend.

Made for Arcade
Made for Arcade vertreibt von Holland aus Full-Size-Flipper mit den Bezeichnungen „Flippatastic“, „Flippafury“ und „Flippatronic“. „Flippatastic“-VPins sind für ca. 3000 € zu haben, sehen äußerlich gut aus, sind aber aufgrund der mageren Computer-Hardware wohl kaum VPX 8 fähig. Bei „Flippafury“ oder „Flippatronic“ hätte ich keine Bedenken; sie kosten aber auch mehr als das Doppelte. Bei allen Tischen muss die Software vom User installiert werden. Wie schon bei Sharpin sind genaue Spezifikationen (u. a. auch Maße) schwer oder gar nicht ermittelbar und Erfahrungsberichte sind kaum aufzutreiben. Im Gegensatz zur Sharpin liefert „Made for Arcade“ seine Flipper fertig montiert.
Der Versand ist mit 780 € dann doch etwas happig.
VPin-Shop
VPin-Shop ist ein kleines deutsches Unternehmen von Sven Bernhard aus Schorndorf. Die von Sven gebauten Full-Size-VPins können getrost als perfekt bezeichnet werden; entsprechend hoch ist der Preis (ca. 8600 €). Die VPins werden fertig montiert aber ohne Software per Spedition geliefert. Häufiges Problem sind Lieferschwierigkeiten.

Kommentar: Ich würde mir keinen neuen VPin kaufen, weil die Wahrscheinlichkeit recht hoch ist, dass ich nicht das bekomme, was mir vorschwebt, zumal ein Probespiel meist nicht möglich ist. Das gilt vor allem für Angebote von Temu oder Ali-Express. Nicht alles, was wie ein Flipper aussieht spielt sich auch so. Das, was auch von Experten empfohlen wird, sind VPins vom VPin-Shop, was man sich aber auch leisten können muss (wenn sie denn mal lieferbar sind). Bei durchaus seriösen Angeboten aus England, USA oder Australien ist mit entsprechenden Versand- und Zollgebühren zu rechnen.
Kauf eines gebrauchten VPins
Die weitaus meisten als gebraucht angebotenen Vpins sind Marke „Eigenbau“ und es ist mitunter schwer abzuschätzen mit welcher Fachkunde Planung und Bau erfolgten und wie es um die Qualität und Leistungsfähigkeit der Hardware bestellt ist. Die entscheidende Frage ist welche Windows-Version installiert ist (mögl. Win 11 Prof.) und ob der VPin mit VPX 8 einwandfrei klarkommt. Logischerweise ist vor dem Kauf ein Probespiel Pflicht. Ein guter Gebrauchter ist in Full-Size selten unter 3000,- € zu haben. Für Midi liegt die Grenze etwa bei 1500,- und für Mini bei ca. 800,-€.
Häufige Macken:
- Schlechte Handauflage mangels vernünftiger Lockbar (z. B. störende scharfe Kanten)
- Chaotisches Innenleben (z. B. fehlendes Kabelmanagement)
- Ruckeln oder Latenz (Verzögerung) beim Spielen
- Unbefriedigende Bildschirmdarstellung (blass, grob, unscharf etc.)
- Fehlendes oder unzureichendes Force-Feedback
- Mangelnde Stabilität.
Kommentar:
- Nimm beim Kauf möglichst jemanden mit, der sich mit der Materie auskennt.
- Vergewissere Dich, dass die Kiste störungs-, latenz- und ruckelfrei mit VPX 8 läuft. Günstige Preise begründen sich oft damit, dass der VPIn lediglich Pinball-FX3 oder FP zum laufen bringt (vergl. Kap. 1.2 und 1.3).
- Lass Dir eine Aufstellung der verbauten Hardware geben. Schau vor allem, welche Grafikkarte verbaut ist (siehe Kap. 3.3).
- Wenn Du nach einer Pinball-Simulation suchst: Hände weg von Android-Systemen.
Umbau eines „Echten“ Flippers zu einem VPin
Du kannst praktisch jederzeit einen nicht mehr reparablen Flipper erwerben, das Innere ausbauen und dann mit entsprechenden Monitoren und weiterer Technik zu einem VPin umbauen.
Maße
- Ein modernes Flippergehäuse („Cabinet“) hat etwa die Maße H 192, B 79, T 140 cm.
- Die Spielfläche ist i. d. R. 51,5 cm breit, wobei die Länge von 105 – 120 cm variieren kann.
Hinweis: Flippergehäuse können je nach Hersteller und Epoche sehr unterschiedlich konstruiert und bemessen sein; nur die Playfieldbreite von 51,5 cm ist immer dieselbe.
Vorteile
- Je nach Zustand des Cabinets brauchst Du Dir um viele Details keine Gedanken machen: das Gehäuse incl. Siderails, Lockbar, Coindoor, Abdeckglass und Beine sind schonmal vorhanden (sofern sie nicht „vermackelt“ sind).
- Ein gut umgebauter Flipper sieht ziemlich „echt“ aus und macht was her.
- Dekokram wie „Decals“ kannst Du Dir oft ersparen.
Nachteile
- Du bist auf die Größe des VPins festgelegt und musst einen passenden Playfield-Monitor auftreiben (siehe Kap. 2.2 und 3.2.1), wobei neue Monitore kaum zu bekommen sind. Er darf halt nicht breiter als 51.5 cm sein.
- Auch wenn der Playfield-Monitor von der Breite her passt, wird er beim 16:9-Format in der Länge deutlich zu kurz sein, so dass man später die Lücke irgendwie kaschieren muss.
- Um dem zu entgehen greifen einige User zu „Widebody-Cabinets“, die in den 1980ern gebaut und ca. 10 cm breiter als Standardgehäuse waren, so dass auch ein 43-Zöller (im Gegensatz zu 39“ durchaus erhältlich) verbaut werden kann.
- Wenn ein Flipper-Automat zum „Abschuss“ freigegeben wird, ist er meist so „vermackelt“, dass er Sperrmüll-Reife hat. I. d. R. muss daher das Cabinet restauriert werden. Kassentür, Plunger und Scheibe sind besonders häufig in einem saumäßigen Zustand.
Kommentar:
Wenn ein Gebrauchter die Grundlage sein soll
- schau im Vorfeld erstmal nach passenden Monitoren
- kaufe möglichst von einem Flipperhändler oder Flipper-Reparaturdienst und beauftrage ihn den Flipper zu entkernen, „mackelige“ Teile zu ersetzen (Kassentür, Scheibe etc.) und Restaurationsarbeiten zu übernehmen.
Bau eines neuen VPins
Für den Bau eines neuen VPins brauchst Du nicht unbedingt besonderen handwerklichen oder elektrotechnischen Fähigkeiten, zumal es zu diesem Thema zahlreiche Anleitungen und Videoclips gibt. Aber: je nachdem, welchen Realitätsgrad Du anstrebst, kann es ausgesprochen teuer werden.
Vorteile
- Die Maße, dass Design, das Erscheinungsbild und letztlich auch die Qualität des VPins bestimmst einzig und allein Du selbst.
- Wenn Du hinsichtlich der Maße flexibel bist lässt sich leicht ein passender Playfield-Monitor finden.
- Es braucht nichts restauriert werden.
- Du kannst Deinen VPin um eine „Arcade-Funktion“ erweitern.
Nachteile
- Die Handablage wird bei einem „echten“ Flipper-Automaten durch die sog. „Lockbar“ gebildet (siehe Kap. 3.4.4). Die Lockbar verriegelt auch die Abdeckscheibe nach oben hin und ist damit ein wesentliches Konstruktionselement. Wenn Du das Gehäuse nicht in Originalgröße baust kannst Du auch keine Original-Lockbar verwenden und musst Dir Gedanken um eine Alternative machen (siehe Kap. 3.1.4).
- Ähnlich verhält es sich bei den sog. „Siderails“ also den Seitenbegrenzungen (siehe Kap. 3.1.4), die ebenfalls nur für Full-Size-VPIns in Frage kommen.
- Vieles, was bei einem ausrangierten Flipper normalerweise mit dabei ist muss bei einem Selbstbau-VPin beschafft werden:
- Beine mit entsprechender Verankerung
- Kassentür (falls gewünscht)
- Plunger (falls gewünscht)
- Abdeckscheibe (falls gewünscht)
- Deko (falls gewünscht)
Kommentar:
- Werde Dir erstmal über die Größe und über Dein Budget im Klaren. Unter 1500 € lässt sich ein VPin kaum realisieren aber mehr als 5000 € braucht er nun wirklich nicht zu kosten. Für die Größe des gesamten VPins ist der Playfield-Monitor maßgeblich. Aus meiner Sicht sind Midi-VPins hinsichtlich Preis und Bau am vorteilhaftesten.
- Schau kritisch, was Deinen handwerklichen Fähigkeiten entspricht und über welches Werkzeug Du verfügst. Hol Dir ggf. Hilfe (z. B. Tischlerbetrieb).
- Um sich über die Details im Klaren zu werden ist die Liste im Anhangsteil nützlich.
- Wenn Du einen qualitativ hochwertigen VPin bauen möchtest aber die Planung und/oder die Tischlerarbeiten scheust, kann ein Bausatz die Lösung sein.